Hier findet Ihr einige Redebeträge unserer Kundgebung vom 22. Februar 2025 im Wortlaut und als Video bei YouTube.
Beitrag von Moritz Empt
Liebe Freundinnen und Freunde der Demokratie,
Wir haben die Wahl. Unter diesem Motto haben sich einige Demokratinnen und Demokraten Ende November zusammengeschlossen, um gemeinsam in den Bundestags-Wahlkampf einzusteigen. Es wurden hunderte Gespräche geführt, Sticker und Flyer verteilt. Oft wurden wir gefragt: „Von welcher Partei sind sie?“ „Von gar keiner“ haben wir dann geantwortet. „Aber wir machen uns Sorgen über das, was da bei der nächsten Bundestagswahl passieren könnte. Durch unsere Parteilosigkeit sind viele Menschen unvoreingenommener mit uns ins Gespräch gekommen. Haben uns von ihren Sorgen, ihren Enttäuschungen, ihren Hoffnungen und ihren Erwartungen an die Politik erzählt.
Während das Bündnis an sich überparteilich ist, sind einige Mitglieder auch parteipolitisch engagiert. Sind bei den Grünen, bei der SPD oder der FDP. Andere sind im politischen wie auch im unpolitischen Ehrenamt aktiv. Auch wir haben uns untereinander oft intensiv ausgetauscht – miteinander gestritten. Doch unsere Unterschiede haben uns nicht geschwächt. Im Gegenteil. Gerade diese Unterschiede ermöglichten es uns, ein sehr breites Angebot aus dem demokratischen Spektrum heraus zu machen. Mehr Menschen zu erreichen. Wir haben gezeigt, wie Zusammenarbeit zwischen Demokratinnen und Demokraten funktionieren kann, ja funktionieren sollte.
Ja es muss gestritten werden. Und ja es ist oft schwierig Widersprüche auszuhalten. Aber diese Vielfalt von Meinungen und Positionen ist etwas Gutes. Mehr noch: sie ist der Kern unseres Gemeinwesens. Wenn sie zwischen Parteien und Personen stattfindet die sich gegenseitig respektvoll behandeln. Die unsere Demokratie und ihre Gesetze achten und schätzen. Für die die Würde des Menschen nicht nur eine Worthülse, sondern tatsächlich etwas unantastbares und Bezugspunkt für sämtliche Entscheidungen ist. Und diese Diskussion muss stattfinden zwischen Akteuren die tatsächlich ernsthaft an einer Lösung von Problemen interessiert sind.
Das Geniale an unserem System, und der Vorteil den Wir zum Beispiel gegenüber den US-Amerikanern haben ist, dass unsere Demokratie auf Koalitionen, und damit auf Kompromisse ausgelegt ist. Die AfD verachtet solche Kompromisse. Ebenso wie sie die Pluralität verachtet. Sie hält die Vielfalt in diesem Land für eine Schwäche. Letztlich verachtet sie das Wesen der Demokratie. Deshalb kann es mit dieser Partei gar keinen demokratischen Diskurs geben.
An alle Freundinnen und Freunde der Demokratie die normalerweise CDU/ CSU oder FDP wählen, vielleicht sogar in diesen Parteien aktiv sind. Wir brauchen euch! Wir brauchen eine konservative, beziehungsweise liberale Partei um möglichst viele Menschen für die Demokratie zu gewinnen. Um das demokratische Spektrum nach rechts scharf abzugrenzen.
Dieser Verantwortung werden genannte Parteien allerdings nicht gerecht, wenn sie gemeinsame Sache mit der AfD machen. Und ja an alle die es nicht hören wollen: Das gemeinsame Abstimmen für Gesetze und Entschließungsanträge ist eine Form der Zusammenarbeit. Also, seid kritisch, tragt die Kritik nach innen und überlegt euch, ob dieses Verhalten an der Wahlurne belohnt werden sollte.
Zum Schluss habe ich noch eine Empfehlung an alle die hier stehen. Die unzufrieden darüber sind, was gerade auf der Welt, in Deutschland oder in Rösrath passiert: Werdet aktiv, engagiert euch, gestaltet unser Gemeinwesen mit!
Wenn ihr etwas für die Integration von Geflüchteten tun wollt, dann schnuppert in die offenen Angebote der Flüchtlingshilfe rein und fangt an mit den Menschen zu sprechen, über die die ganze Zeit gesprochen wird.
- Wenn ihr euch gegen das Vergessen und für eine ehrliche Erinnerungskultur einsetzen wollt, geht zum Geschichtsverein Rösrath.
- Wenn euch das Klima am Herzen liegt, kommt zu Rösrath for Future.
- Wenn ihr mehr Platz fürs Fahrrad wollt dann geht zu Velo City.
- Wenn euch Sport am Herzen liegt, dann geht in die Sportvereine oder zum Ortsring.
- Und wenn ihr euch für die Belange von Kindern einsetzen wollt, dann geht zum Kinderschutzbund.
Diese Liste könnte ich ausführen. Die Möglichkeiten sich in Rösrath zu engagieren sind vielfältig. Das ist es, was ich so an unserer Stadt schätze. Und ihr helft damit nicht nur anderen, sondern auch euch selbst. Ihr erfahrt Selbstwirksamkeit, bekommt tolles Feedback und umgebt euch in einer Art Gruppentherapie mit netten Menschen.
Denn wie sagte schon Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Wir haben die Wahl. Wir haben morgen die Wahl, darüber zu entscheiden, was für ein Land wir sein wollen. Ob wir ein Land sein wollen, dass sich im Egoismus Isoliert. Oder ob wir ein Land sein wollen, dass Menschen in Not ein Freundliches Gesicht zeigt. Ob wir ein Land sein wollen, das für kurzfristige Rendite seine fossilen Ressourcen plündert. Oder ob wir ein Land sein wollen, dass aus Respekt vor den kommenden Generationen seine Natur schützt, ohne dabei Arbeitsplätze gegen Naturschutz auszuspielen. Ob wir ein Land sein wollen, das Unterschiede für eine Schwäche hält. Oder ob wir ein Land sein wollen, dass Widersprüche aushält, und Vielfalt als etwas positives, als eine Stärke betrachtet.
Lasst uns nie wieder jemanden wählen, der oder die uns einfache Antworten auf komplexe Fragen verspricht. Ich sage machen wir es uns nicht einfach, machen wir es richtig! Lasst uns eintreten für ein solidarisches, gerechtes und demokratisches Deutschland, eingebettet in ein starkes, in Vielfalt geeintes Europa.
Wir haben die Wahl
Vielen Dank!
Beitrag von Jenny Wagner
Liebe Rösrather*innen, liebe Freund*innen, liebe Mitmenschen,
Vor etwas mehr als einem Jahr standen wir das erste Mal hier – mit mehr als 3000 Menschen haben wir ein starkes Zeichen gegen den Rechtsruck, den Faschismus und die rechtsextreme AfD gesetzt. Gegen jene Partei, die in Landesparlamenten schon heute zeigt, dass sie kein Fan
unseres demokratischen Systems und unserer Rechtsstaatlichkeit ist. Heute stehen wir wieder hier, um klar zu machen: Wir stehen für unsere Demokratie ein, wir stehen für Vielfalt, Miteinander und Gemeinschaft – ohne Ausgrenzung und Rassismus!
Heute ist das genauso wichtig wie vor einem Jahr – vielleicht noch wichtiger. Die AfD ist – trotz viel Gegenwind – stärker geworden. Sie könnte morgen bei der Bundestagswahl zweitstärkste Kraft werden.
Gleichzeitig hat im Januar zum ersten Mal eine Abstimmung im Bundestag durch die Stimmen der extremen Rechten eine Mehrheit erlangt. Die viel beschworene Brandmauer bröckelt. Mit Blick auf unsere deutsche Geschichte, aber auch mit Blick auf Menschlichkeit und Zusammenhalt, sind wir uns einig: Das darf nicht sein!
Wir sind heute hier, um einen Tag vor der Bundestagswahl klar zu machen, wie wichtig Demokratie ist und dass wir nicht dabei zusehen werden, wie Rechtsextreme weiter unseren Diskurs bestimmen.
Es ist ein großartiges Gefühl zu wissen, dass Rösrath voller Menschen ist, die für unsere Demokratie einstehen.
Und ich weiß von Menschen, die heute nicht hier sein können, die aber sehr froh sind, dass wir alle hier laut sind. Zwei davon habe ich vor ein paar Tagen im Wöllner-Stift in Hoffnungsthal besucht.
Berta Dreuw ist 96 Jahre alt, Hans Gülden 91. Ich wollte von ihnen wissen: Wie ist die politische Lage heute für sie, die selbst den Krieg und den Faschismus erlebt haben? Die zum Teil selbst erlebt haben, was es bedeutet, in einer Gesellschaft nicht gewollt zu sein.
Ich lese euch jetzt vor, was sie mir erzählt haben. Ich beginne mit Berta.
Die Die Familie meiner Mutter war jüdisch. Meine Großeltern, meine Tante und mein Onkel sind alle im Lager geblieben, es ist keiner wieder gekommen.
Ich war 10 Jahre alt als der Krieg ausbrach. Aber die Hitlerzeit fing ja 1933 an. Ich war auf der Ursulinenschule. Die wurde dann enteignet. Ich habe meine acht Schuljahre fertig gemacht, dann musste ich die Schule verlassen. Dann ist die Schule auch abgebrannt.
Kinder durften nicht mit mir spielen auf der Straße. Ich hatte in dem Sinne keine Kindheit. Ich war immer bei meinen Eltern an der Hand und war so überall mit dabei. Mein Vater war Elektromeister, meine Mutter war Beamtin.
Wir wohnten im Erbbauverein, mein Großvater war sogar Mitbegründer des Vereins. Und dann bekam meine Mutter eines Tages ein Einzelzimmer, wo sie hin musste. Sie durfte nicht mehr bei mir und meinem Vater wohnen – wir waren katholisch. Wir haben das Zimmer mit ihr eingerichtet, eine Couch, ein Stuhl und danach habe ich das Zimmer nicht mehr gesehen.
Der Bruder und die Schwester meiner Mutter sind nach Polen ins Lager gekommen. Sie sind in Züge gestiegen und wussten nicht, was mit ihnen passieren wird. Wir haben gedacht: „Die sammeln die Juden irgendwo zusammen, wie in einem Ghetto.“ Und dann sind auch meine Großeltern nach Theresienstadt gekommen. Meine Oma ist dort verhungert.
Mein Opa ist vergast worden.
Meine Mutter hat sich dann 1943 in Linz am Rhein bei der Schwester meines Vaters versteckt. Zwei Jahre lang. Meine Mutter hat immer damit gerechnet, dass mein Opa wieder zurückkommt. Als sie dann erfahren hat, dass er auch gestorben ist, war das der Todesstoß für meine Mutter.
Sie ist mit 51 Jahren gestorben.
Ich denke immer wieder darüber nach, dass so etwas nie wieder passieren darf. Dieses Massensterben – egal ob in Polen, Deutschland oder sonst wo – das darf nicht sein. Nur weil der eine anders ist als du. Das darf nicht sein.
Berta sagt auch, dass sie Angst hat, dass so etwas wie damals in der Nazi-Zeit, wieder passiert. Und die ersten Vorzeichen seien schon da:
Ausländer, die hier arbeiten, werden verhöhnt, Schwarzen Kindern wird in der Schule an den Haaren gezogen. Wir müssten wieder miteinander kommunizieren und Achtung voreinander haben.
Und jetzt möchte ich euch noch von Hans erzählen. Hans hat den Krieg
erlebt. Was das für ihn bedeutet hat, hat er mir erzählt:
Wir sind zwei Mal ausgebombt worden. Mein Vater, meine Stiefmutter und mein Halbbruder sind 1943 in Köln ums Leben gekommen. Ich hab dann die Leute in den Straßen gesehen, die zum Teil verbrannt waren.
Wir sind später nach Sachsen evakuiert worden. Mein Onkel hat damals mit zwei Soldaten was gemaggelt und wir haben mit ihnen was getauscht. Dann bekamen wir ein Pferdefuhrwerk, wo wir unsere Klamotten draufgelegt haben und sind dann zu Fuß bis nach Köln gelaufen. Die Tour ging über 4 Wochen. Das war eine Abenteuertour, die nicht ungefährlich war. Mein Halbbruder ist währenddessen erschlagen worden. Als ich älter war, hab ich mich gefragt, wie wir das eigentlich geschafft haben.
Wir haben dann in Köln im Keller gewohnt. Ich war der Älteste von den Kindern, mein Onkel war gestorben und ich musste dann dafür sorgen, dass wir was zu essen haben. Ab und zu fuhr ein Zug, mit dem bin ich bis in die Eifel gefahren, um zu hamstern.
Wir haben großen Hunger gelitten. Dann kann ich nicht verstehen, dass Leute, die im meinem Alter sind, AfD wählen. Ich kann es nicht begreifen.
Wenn ich Leute von der AfD im Fernsehen sehe, die interviewt werden, meine ich, der Goebbels stünde da. Wenn der vom totalen Krieg schreit. Ich kann auch nicht verstehen, dass junge Leute die wählen. Wie kommt das?
Hans glaubt, dass es viel mit Versprechungen zu tun hat. Mit einfachen Antworten, die aber nie umgesetzt werden. Und damit, dass Menschen nicht genug bekommen und immer mehr wollen.
Hans wünscht sich, dass alle Parteien wieder die tatsächlichen Sorgen der Menschen in den Blick nehmen: dass sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Dass sie sich nicht entscheiden müssen: Gehe ich mit meinem Kind in den Zoo oder habe ich genug zu Essen für den Rest des Monats. Und dass wir mit allen Menschen gleich gut umgehen.
Der Besuch bei Hans und Berta hat mich nachdenklich gestimmt, gleichzeitig haben die beiden mich auch ermutigt, dass das, was wir hier heute machen, genau richtig und wichtig ist.
Wir lassen nicht zu, dass sich 1933 wiederholt!
Zum Schluss möchte ich euch noch einen kleinen Gruß von Hans mitgeben. Ich habe ihn gefragt, was er euch sagen würde, könnte er heute hier stehen:
Dann würde ich auf gut Kölsch sagen: Boar, das macht ihr aber prima. Ich finde das fantastisch, dass ihr euch hier hinstellt und demonstriert für Dinge, die uns zugute kommen. Hochachtung!
Danke, dass ihr heute alle da seid. Danke, dass ist laut seid für die Demokratie! Und erzählt allen, die ihr kennt, dass ihr morgen wählen geht – und dass sie auch wählen gehen sollen. Für demokratische Parteien!
Beitrag von Severin
Hallo, mein Name ist Severin. Ich bin 16 Jahre alt und besuche das FVS Gymnasium hier in Rösrath. Ich darf noch nicht wählen und genau das ist der Punkt. Es ist meine Zukunft die morgen entschieden wird.
Deshalb bleibt mir nur hier zu reden, zu appellieren, zu hoffen.
Denn eines ist klar, die Entscheidung die morgen getroffen wird betrifft, uns junge Menschen am meisten. Genau deshalb stehe ich hier um meine Stimme zu erheben.
Als mir angeboten wurde, diese Rede zu halten, war ich erst mal sehr zwiegespalten. Ich meine, welcher 16-jährige Jugendliche wird nicht nervös bei dem Gedanken, vor so vielen Menschen zu sprechen? Aber zunehmend wurde Politik immer mehr zum Thema sowohl in der Schule als auch in meinem Freundeskreis. Das ging soweit dass einer meiner Freunde sagte er habe Angst. Angst was nach dieser Wahl passieren könnte.
Und ich verstehe ihn. Wir leben in einer Zeit, in der Hass, Lügen und Hetze immer lauter werden. Das zeigt sich auch in der Schule: Sticker, die „Remigration jetzt“ fordern sind mittlerweile Alltag und da frage ich sie alle: wie soll man da keine Angst haben?
Aber, wie das Thema dieser Demonstration schon sagt, es ist fünf vor zwölf.
Wir können noch etwas verändern. Also lasst uns diese Demokratie schützen.
Immer wieder haben Demokratien Angriffe von innen und aussen überstanden. Zum Beispiel erst letztens in Japan und das weil Menschen bereit waren für sie einzustehen. Heute sehen wir, dass unsere Demokratie wieder bedroht wird und das nicht nur von Extremisten. Nein, auch von unserer eigenen Gleichgültigkeit.
Demokratie stirbt nicht nur durch laute Feinde, sondern auch durch die stille Zustimmung derer, die sich nicht einmischen wollen.
Demokratie bedeutet mehr als alle paar Jahre wählen zu gehen. Sie bedeutet, sich zu informieren, zu hinterfragen, für Gerechtigkeit und Wahrheit einzustehen, an Diskussionen teilzunehmen, und sich nicht mit einfachen Antworten zufriedenzugeben.
Aber was können wir jetzt tun? Wir müssen aufstehen und uns einmischen. Wir müssen uns endlich gegen jede Form von Spaltung und Hetze stellen. Aber vor allem müssen Sie endlich mitgestalten. Jeder von Ihnen hat eine Stimme und es ist Ihre Pflicht, sie zu nutzen.
Doch genug der schönen Worte, genug des höflichen Appells. Meine Generation ist es, die in dieser Welt leben wird. Wir sind es, die mit Ihrer Unverantwortlichkeit klarkommen müssen.
Wie oft hat meine Generation demonstriert. Wie oft haben wir gewarnt, dass es um unsere Zukunft geht? Und was war die Antwort darauf? Eine Wahlbeteiligung von 75 Prozent im Jahr 2021. Na Vielen Dank! Das ist eine Unverantwortlichkeit, die uns unsere Zukunft kostet.
Also sorgen Sie jetzt endlich dafür, dass wir keine Angst mehr haben müssen. Deshalb werden Sie Sich ihrer Verantwortung bewusst. Sie haben die Pflicht, diese Demokratie zu schützen.
Wollen Sie wirklich in die Geschichtsbücher eingehen als diejenigen, die nur zusahen, als die Werte der Demokratie erodierten? Oder wollen sie endlich den Mut haben sich vereint und kompromisslos für die Demokratie einzusetzen?
Meine Generation möchte Menschlichkeit. Meine Generation möchte Gleichberechtigung. Meine Generation möchte Demokratie. Deshalb fordere ich Sie auf: schützen Sie unsere Zukunft! Schützen sie die Demokratie! Tun sie es für uns!
Vielen Dank
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